Stadtwanderung

Nur 50 Meilen bis nach Atlanta. Das war schnell geschafft. Da wir uns diesmal im Internet genauestens über die Route informiert haben, haben wir es dank zweier Landkarten und einem Stichwortzettel ohne größere Schwierigkeiten geschafft, uns durch das Gewirr von vielspurigen Autobahnen rund um Atlanta zuerst bis zum Hyatt-Hotel durchzufinden, wo wir das Gepäck aufs Zimmer gebracht haben, dann den Mietwagen zum Rental Car Center zu bringen und ihn da abzugeben. Dieses Mietwagenzentrum ist übrigens ein gigantisches Ding, in dem alle Mietwagenfirmen sind, wie ein riesiges Parkhaus, super organisiert - geht alles blitzschnell. Direkt im Rental Car Center fährt dann ein kostenloser Sky Train zum Eingang vom Flughafen, wo auch die Marta genannte S-Bahn ins Stadtzentrum abfährt. War für blöde Deutsche nicht so einfach, zu begreifen, dass man für diese Marta erst für einen Dollar eine Art Kreditkarte kaufen muss, die dann mit 5 Dollar für eine Hin- und Rückfahrt aufgeladen wird. gut, nach einer halben Stunde waren wir dann im Stadtzentrum, genauer am "Arts-Center", einem modernen Museen-Komplex, in dem es auch gerade 3 interessant klingende Ausstellungen gab. Wir haben uns aber darauf beschränkt, im Museums-Shop die Kataloge durchzublättern. Roswitha hatte Hunger und mir waren 18 Dollar Eintritt zu viel, so waren wir uns einig. So machten wir einen Spaziergang. Durch ein Viertel mit prächtigen, nach viel Geld aussehenden Häusern unter hohen alten Bäumen. Toll, aber da gab es natürlich nichts zu essen. dann ein ausgedehnter hundefreier Park, in dem die Leute den Sonntagnachmittag dazu nutzen, irgendwelche Ballspiele auf den Rasenflächen zu machen oder auf den Bänken in der warmen Sonne zu sitzen. Ein paar mutige sonnten sich auch in der Badehose, ich habe vorsichtig die Ärmel meines Oberhemdes hochgekrempelt. Dann sollte ein schickes Viertel mit Kneipen und Cafés kommen, statt dessen kamen aber nicht mehr ganz zu prächtige, aber immer noch überdurchschnittlich teure Häuser wieder unter hohen Bäumen, weshalb die Ärmel wieder runtergekrempelt wurden. Ich hätte mir noch einige Straßenzüge mit diesen interessanten und völlig uneuropäischen Häusern und Gärten ansehen können, ein völlig ruhiges Viertel mitten in der Stadt, wo man mitten auf der Strasse hätte gehen können. Hunger verdirbt aber bekanntlich das Interesse an architektonischen Feinheiten. Mit der Frage, wo denn nun endlich die netten Strassencafés kommen, war - schon wieder - die mitgebrachte Landkarte überfordert. Wenigstens wussten wir noch, wo wir sind, denn die Strassen in Ost-West-Richtung sind dort freundlicherweise durchnummeriert. Wir gaben die Suche nach dem Viertel auf und wendeten uns Richtung Downtown. Ganz einfach zu finden: Downtown ist da, wo die Wolkenkratzer sind. Meine Lust am Durch-die-Strassen-Wandern ließ nach. Wir gingen die Peachtree-Road lang, eine zentrale Strasse in Atlanta, der Stadt der Pfirsiche. Die Zeiten der ersten Siedler sind lange vorbei, Pfirsiche gab es allenfalls in Büchsen, dafür mächtige Geschäftshäuser und ein sehenswertes Kino im orientalischen Stil. Die Leute standen in langen Schlangen, um eingelassen zu werden. Prima, denn wo ein bieliebtes Kino ist, da gibt es auch was zu essen. Nämlich Pita und Gyros. Wir verspeisten also eine Fisch-Pita und eine Veggie-Pita und schauten uns dabei das aktuelle Spiel der nationalen Football-Liga an, der Wirt auch, sonst war auch keiner in dem Lokal, außer einer jungen Frau mit Sonntagsschleier, die in einer Ecke fleißig auf dem Laptop rumtippte. Sonst sieht man hier nie Kopftücher, aber so war dann tatsächlich alles wie daheim, nur das Fanta war nicht gelb, sondern orange und schmeckte irgendwie nach Spülmittel, aber das ist hier immer so. Ein voller Bauch wandert nicht gerne, deshalb sind wir dann wieder durch die Vorstädte zurück zum Flughafen gefahren.

Nun hätten wir zwar eine Station vor "Airport" aussteigen und zu Fuß zum Hyatt-Hotel gehen können, war schätzungsweise einen Kilometer weit, aber dieses Land ist nun mal nicht für Fußgänger gedacht, so ein Marsch am Rande eines Highways ist nicht so angenehm. Also zurück zum Airport und von dort mit dem Hyatt-Hotel-Airport-Shuttle zum Hotel. Auch das prima organisiert, die Shuttle-Busse fahren alle fast direkt vor dem Hauptausgang ab, Tafeln zeigen an, welcher Hotelbus wo hält, die Hyatt-Busse fahren alle 30 Minuten. Schwupps waren wir da.

Jetzt sitze ich auf dem Kingsize-Bett - andere gibt es nirgends - und blicke aus dem Kingsize-Fenster (2 x 2 m groß) aus dem dritten Stock auf Atlanta. Ganz hinten die Wolkenkratzer, davor Lagerhallen, viele, viele Parkplätze mit Mietwagen, und die Hotel-Konkurrenz von Marriot bis Hilton. Nicht sehr romantisch, aber sehr amerika-typisch. Obwohl - eigentlich sieht es in Frechen Marsdorf nicht viel anders aus, aber da liege ich halt nie in einem Hotelbett. Dafür dass wir so nahe am belebtesten Flughafen der Welt sind, ist es im Zimmer erstaunlich ruhig. Wenn die Klimaanlage und der riesige Plasma-Fernseher laufen, hört man gar nichts mehr. Aber das tun wir natürlich nicht, nur die Klimaanlage, eigentlich die Heizung, denn draußen sind trotz Teneriffa-Sonne nur 18 Grad, muss man ab und zu laufen lassen, denn woher soll sonst frische Luft kommen?

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