Ärger

Wenn man will, kann man sich auf einer kurzen Fahrt durch das schöne Kerpen ständig ärgern,


weshalb ich hier auch ein eher düsteres Portrait der Strasse, die ich gleich noch erwähnen werde, eingefügt habe.

Ich hatte das Auto bis oben hin vollgeladen mit Müll. Keine Angst, um Entsorgungs-Probleme wird es nicht gehen, na ja, jedenfalls nicht nur. Durch den Rückspiegel konnte ich nichts sehen, gerade sitzen auch nicht, auf dem Beifahrersitz stand ein Korb, in den ich Rasenschnitt gefüllt hatte, weil die braune Tonne mal wieder überfüllt war. Den Rasenschnitt hatte ich natürlich vorher ausgeschüttet, aber der Korb roch immer noch fürchterlich nach verfaultem Gras. Schlechte Voraussetzungen für ein entspanntes Türchen durch die Heimat.

Als erstes habe ich gesehen, dass der Tank fast leer war. Der Tank ist bei dem Auto immer fast leer, weil man alle 300 - 350 km tanken muss, aber jetzt zeigte der Tacho 310 gefahrene Kilometer an, es wurde also Zeit. Also zur Tankstelle. Das Gas war teuer, aber das habe ich noch besser verkraftet als den unglaublich mürrischen Typ an der Kasse, der irgendwie beleidigt schien, weil ich bezahlen wollte.

Dann zum "Wertstoffhof" der Stadt Kerpen, kleine Wartezeit vor dem Tor, macht nichts. Meine Türzargen-Bretter werden nicht genommen, weil kein Sperrgut - man spricht in diesen Kreisen von Sperrgut und nicht von Müll - sondern Abrissholz. Mein Einwand, dass es sich genau um die gleichen Fichtenbretter handele wie die, aus denen Schränke gemacht werden und dass Schränke bekanntlich auch lackiert seien, prallte an den Vorschriften ab. Wandverkleidungsbretter sind keine Möbel. Basta. Den Rest durfte ich in den Container Nr. 3 werfen, die Bretter nicht. Ich habe es trotzdem versucht, wurde aber sofort zurückgepfiffen.

Also bin ich mit den Brettern zum privaten Entsorgungszentrum gefahren. Um auf andere Gedanken zu kommen, mache ich das Autoradio an. Leider hat ein Benutzer des Autos - wer war das!! - andere Sender eingespeichert, weshalb ich mir Oldies anhören muss, bis ich vor der Ampel auf WDR 3 wechseln kann, wo leider gerade Nachrichten sind. Ackermann ist verabschiedet worden. Da kann sich der WDR natürlich nicht verkneifen, darauf hinzuweisen, das sei der Bänker mit dem "umstrittenen Renditeziel von 25%" gewesen. Was Rendite auf Eigenkapital ist und dass die meisten Sparkassen eine höhere Eigenkapitalrendite als 25% haben, weiß der WDR wahrscheinlich nicht. Wissen auf jeden Fall die meisten Leute, die das hören, nicht. Erklärt ihnen auch niemand, würde ja nicht ins Bild des gierigen Bankers passen.

Schon bin ich auf der Strasse, die oben auf dem Foto abgebildet ist, eine der beiden Hauptachsen der Kolpingstadt Kerpen. Die Strasse ist gerade völlig neu gestaltet worden, schön aufwendig, auch den Platz vor dem schön aufwendigen Rathaus, der gerade erst 25 Jahre alt ist, hat man völlig neu gestaltet. Alles ganz schön und gut, wenn die Stadt Kerpen nicht völlig pleite wäre, so pleite, dass es die Politiker aller (!) Parteien in Kerpen für unumgänglich gehalten haben, die Grundsteuer kräftig zu erhöhen.

Schon ist die neue Prachtstraße zu Ende, ich stehe eine Weile vor einer Baustelle, sinne über den Umgang mit Steuergeldern nach, wozu ja auch meine Steuergelder gehören, sehe erfreut, dass an der zweiten Gas-Tankstelle auf meinem Weg das Gas genau so viel kostet, biege zum privaten Entsorgungszentrum ein und lerne, dass auch ein privates Entsorgungszentrum nicht ganz ohne Bürokratie überleben kann.

Mein Auto mit den 10 Brettern wird gewogen, ich erhalte einen Laufzettel. Damit melde ich mich bei einem Mitarbeiter in der Halle 1, obere Ebene. Dank Geländewagen kann ich bequem hochfahren. In dem Staub und Lärm, der da oben herrscht, finde ich einen Mann, welcher meine Bretter inspiziert und eine Weile überlegt, zu welcher der 3 Bretter-Kategorien, die er auf dem Laufzettel ankreuzen kann, meine Bretter gehören. Anders als der städtische Entsorger kommt er nach einer Weile zu dem erfreulichen Fazit: "Kütt net esu drupp aan". Ich darf meine Bretter auf einen Stapel werfen, auf dem neben vielem Bauholz - das ich am liebst mitgenommen hätte, um es im Kamin zu verbrennen - schon ein ausgeschlachtetes Cembalo liegt. Dann wird mein Auto wieder gewogen, wie nicht anders zu erwarten liegt das Gewicht meiner 10 Bretter unter dem Mindestgewicht und ich muss die Mindestpauschale von 5 EUR bezahlen, wofür ich eine formvollendete Entsorgungsquittung bekomme.

Die Rückfahrt war sehr schön.


Kommentare

  1. Ein Ende mit überraschender Wende!
    Martin, es ist wie immer ein reines Vergnügen dich zu lesen. Wo geht's zu Daumen hoch?

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  2. Ich bin immer wieder verblüfft, wenn es tatsächlich klappt, mit dem Kommentieren meine ich.Ein zweites Mal hat es aber noch nie gegeben, nie hat der Blogger mir erlaubt 2 Kommentare zum gleichen Artikel zu ...

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  3. Also, wenn es so weiter geht, dann werde ich viel öfter vorbeischauen, versprochen! :-)
    3 Kommentare = 3 x Daumen hoch.

    Schönen Sonntag nach Kerpen,

    liebe Grüße aus Bonn
    - Klausbernd und Siri und Selma lassen ebenfalls grüßen.

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