Fiesta San Roque

Große Fiesta der Dörfer Canales, Ortiguero, La Salce. 12:30 Uhr Prozession, 13:00 feierliche Messe, anschließend Wermut-Umtrunk. Ich ziehe mir meine helle gute Hose an und radle los. Nach 3 Minuten ein kurzer, heftiger Gewitterschauer. Ich stelle mich unter eine Eiche und hoffe, dass bald die Sonne wieder rauskommt, damit meine Sachen trocknen. Im Dorf niemand zu sehen, nur Maria in ganz normaler Arbeitskleidung.
Gegenüber der Schreinerei, ein bisschen den Berg hoch, stehen 5 Leute, weil man von hier die Prozession sehen kann, die am Hotel in Ortiguero losgeht. Losgehen soll, denn sie ist schon seit 20 Minuten überfällig. Nur keltische Musik ist schon von weitem zu hören und ab und zu ein Böllerschuss, der Schall rollt durch die Berge, als ob jemand ein Stück Felswand gesprengt hätte. Unter den Wartenden sind auch Ramón aus Ortiguero und seine Schwägerin Amalia aus Canales. Ramón fängt ein Gespräch mit mir an, das aber weitgehend daran scheitert, dass er schon zu viel getrunken hat.
Ich schiebe mein Rad den steilen Weg hoch zur Kirche. Der Wermut-Stand ist schon aufgebaut, die drei Jungs, die dafür zuständig sind, trinken schon mal Bier aus Flaschen. 10 Autos stehen auf dem Parkplatz, ein paar Leute stehen herum, ein paar sitzen auch schon in der Kirche. Ich gehe auf dem oberen Weg der Prozession ein wenig entgegen, aber die Prozession nimmt den unteren Weg und die Büsche sind so dicht, dass ich den unteren Weg kaum sehen kann. Dafür werden Dudelsäcke und Getrommel immer lauter. Etwa 50 Leute nehmen den oberen Weg, um vor der Prozession an der Kirche zu sein, der Parkplatz ist jetzt auch schon voll. Deshalb gehe ich schnell in die Kirche, um noch einen Sitzplatz zu ergattern. Kein Problem, drinnen sind immer noch nur 14 ältere Frauen. Angenehm kühl hier drinnen. Drei Frauen ziehen ihre Fächer raus und fächern drauf los. Eine Frau packt zwei dicke Kerzen aus: eine grüne und eine rote und stellt sie auf den Altar, was zu geflüsterten Diskussionen führt. Nach ein paar Versuchen findet dann ein Platz am einfachen Holz-Hochalter allseitige Zustimmung.
Die Dudelsackmusik wird schnell lauter, die Prozession zieht in die Kirche ein: Mädchen in stilisierter Hirtentracht, Frauen in lokalen Trachten, die original asturisch-keltische Dudelsackkapelle in ihren Trachten, dann zwei Mal der Ramu, ein seltsames Gebilde aus Teig und Blumen - und zuletzt die Statue des Hl. Rochus, alles geschleppt von dicken, schwitzenden Männern. Priester und Volk strömen nun auch ins Kirchlein, bald gibt es auch keine Stehplätze mehr. Draußen sind allerdings sicherlich nochmal so viele Leute, dem Geräuschpegel nach, man unterhält sich draußen, auch als der Priester mit der Messe begonnen hat. Dieser hat einen völlig kahlen Kopf - Folge der Chemotherapie wegen Magenkrebs, wie ich später erfahre - und legt sich mächtig ins Zeug. Bald fängt auch die Dudelsackmusik wieder an, die Trommel dröhnt von der Orgel-Empore her besonders laut.
Besonders feierlich ist die Missa solemne nicht, es geht zügig voran, bis die Frauen am Schluss noch ein Speziallied für den Hl. Rochus singen, das mindestens 8 lange Strophen hat. Dann geht die wieder mit großer Lärmentfaltung raus, jetzt erkenne ich auch einen der Ramu-Träger, den dicke Raoul aus Ortiguero, der nach Amadors Meinung unsere alten Wagenräder gestohlen hat. Der Arme schwitzt gewaltig, das Ding scheint schwer zu sein.
Auf dem Vorplatz schaue ich mich noch einmal um, aber ich sehe kein einziges bekanntes Gesicht. Pfarrfest ohne Dorfbewohner? Um nicht am Wermut-Stand vorbei zu müssen, an dem jetzt erhebliches Gedränge herrscht, nehme ich mein Fahrrad und fahre hinten um die Kirche herum zurück nach Los Llanos.

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