Pazifische Unkereien

Palmen, Sonne, Strand. Meer warm, Luft auch. Faulenzen, Baden. Was ist das? Das Paradies. Sagt man so. Wenn man mit dem, was man so sagt, recht hat, dann war ich im Paradies. Hier ein Foto:
Wie man unschwer erkennt, erstreckt sich hinter mir die paradiesische Kulisse.Was man nicht sieht: Überall Palmen. Die gehören mit zum unserem Paradies-Bild, als ob es im echten Paradies keine Pappeln gäbe wie daheim an der Erft. Pappeln haben einen Vor- und einen Nachteil. Der Nachteil ist, dass daran Kokosnüsse hängen, die, wenn man sie erntet, die Kokosmilch enthalten, die bekanntlich Menschen, die an einer Laktose-Intoleranz leiden, gut schmecken soll. Aber ohne Kokosnüsse gäbe es auch kein Milky Way, das steht fest. Oder Kokos-Makronen, aber von denen hat hier sowieso noch nie jemand was gehört. Der Vorteil der Pappeln ist, dass keine Kokosnüsse dranhängen, dass also auch keine runterfallen können. Soll ja tatsächlich passieren: Plumps, und schon fällt einem so ein hartes Ding auf den Esstisch oder auf den Kopf. Hier sind Kokosnüsse zum Glück nur nachts runtergefallen, als alle geschlafen haben, Gegenteiliges ist mir jedenfalls nicht zu Gehör gekommen. Aber, immerhin: Wo keine Kokospalmen Schatten spenden, da spenden große alte Feigenbäume Schatten. Und Schatten muss sein, jedenfalls für Nordmenschen. Die Einheimischen liegen aber auch lieber im Schatten in der Hängematte als in der Sonne. Jemand, der sich am Strand in die pralle Sonne legt, ist unter Garantie ein Amerikaner oder ein Rheinländer oder so was. Die Feigenbäume jedenfalls tragen Feigen, auch paradiesisch - man steht hoch überm Pazifik, schaut dem Spiel der Wellen zu, streckt die Hand aus und pflückt eine Feige. Leider mag ich keine Feigen, nur die getrockneten, die immer in so kleine Plastik-Päckchen reingequetscht sind. Darum kann ich auch keine Auskunft darüber geben, ob die Feigen hier gut schmecken. Auffälliger Weise habe ich niemanden gesehen, der eine gegessen hätte. Aber das ist nur ein schwaches Indiz. Darum habe ich mir auch keine Feige gepflückt, als ich da am Ufer des Pazifik dem Spiel der Wellen zugeschaut habe. Aber auf den Kopf gefallen ist mir so ein Ding. Na gut, ich weiß, ich kann mch nicht beschweren, war ja keine Kokosnuss.

Der Schreibwillige muss sich sowieso dann und wann an seinen Arbeitsplatz zurückziehen. Draußen die üppige tropische Natur, drinnen der karge Schreibtisch und das langweilige Netbook. Kein Wunder, dass der Typ auf dem Bild so ernst guckt.

Aber so war es nicht. Unterm Veranda-Dach lässt es sich gut aushalten, nicht nur des Schattens wegen. Der Pazifik als solches gilt in dieser Gegend als Paradies für Surfer. Wegen der hohen gleichmäßigen Wellen. Und so rollen die hohen gleichmäßigen Wellen mit einem tiefen gleichmäßigen Gegrolle Tag und Nacht den Strand herauf und klatschen an die Steilküste. Bei Flut etwas stärker als bei Ebbe. Den Geräuschpegel kann man nur ertragen, weil der Mensch den einen Krach paradisch nennt, bei dem anderen Krach aber einen Lohnzuschlag fordert. Ein schnödes Schallpegelmessgerät könnte keinen Unterschied finden zwischen dem Lärmpegel auf einer Brücke über die A4 im Kölner Süden und einem Aussichtspunkt über der pazifischen Steilküste in El Zonte. In der allseits beliebten Strandbar "Olas Permantes" - was frei übersetzt Dauerwelle heißt, aber nach der Aussage Einheimischer nichts mit den ausdauernden Wellen auf Frauenköpfen zu tun hat - wird der pazifische Lärmpegel mit Reggae-Musik in der gleichen Lautstärke konterkariert. Gut, dafür gibt es dort immer ein kühles Bier für einen Dollar.


Manchmal verlässt man auch den Swimming-Pool, den Schreibtisch oder die Hängematte und setzt sich einfach so in den Schatten. Der Rasen wird immer gesprengt, da ist es schön kühl. Da sitzt man dann und dreht den Affen eine lange Nase. Aber halt, Affen gibt es hier nicht. Nicht einmal Krokodile, die sollen glücklicherweise irgendwann mal ausgerottet worden sein. Heute gibt es nur noch Schildkröten am Strand, die sind schön harmlos. Ich habe keine gesehen, nur eine Schildkröten-Rettungs-Initiative, die die Schildkröten-Eier vor dem Verspeist-Werden bewahren will. Ich halte schon normale Eier für keinen besonderen Genuss.

So sitze ich denn am liebsten in meiner Klosterzelle, den Schweiß auf der Stirn, aber froh, in der relativen Dunkelheit hier drinnen etwas auf dem Bildschirm erkennen zu können. Klimaanlage gibt es keine, ist bei Behausungen für Asketen auch auch eher unüblich. Fließend warmes Wasser auch nicht, scheint bei 30 Grad Luft-, Raum- und Wassertemperatur auch nicht unbedingt nötig. Nicht unbedingt, aber morgens, wenn man das wärmende Laken wegzieht und sich unter die Dusche stellt, dann machen 5 - 7 Grad dann doch schon was aus. Statt Klimaanlage dreht sich oben ein Propeller. Ob er surrt, hört man nicht, denn drinnen ist es so laut wie draußen. Nicht weil die Fenster und Türen landestypisch schlecht schließen, sondern weil zwischen Wand und Dach ein 20cm großer Zwischenraum gelassen worden ist - wegen der Ent- und Durchlüftung. Der Zwischenraum ist mit einem Fliegengitter verschlossen, damit die tropischen Vögel nicht hereinfliegen und auf das Bett scheißen. Ob und wann die großen Fledermäuse, die hier nachts herumflattern, scheißen, habe ich nicht herausbekommen. Wollte ich aber auch nicht wissen.

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