Soziale Medien - meine Erfahrungen I
Eine Beobachtung vorab: Öfter erlebe ich, dass Leute sich kritisch zu den sozialen Medien äußern. Auf Nachfrage stellt sich dann meist heraus, dass sie die Plattformen, von denen sie reden, nur sehr flüchtig oder gar nur vom Hörensagen her kennen. Vom Hörensagen, das heißt meistens, dass sie die Urteile und Wertungen übernehmen, die ihnen von den Medien, die sie gewohnheitsmäßig konsumieren - nämlich gedruckte Zeitungen, Radio und Fernsehen - vorgesetzt werden. Dass dahinter ein beinharter Kampf um Marktanteile und die zunehmende Verzweiflung der traditionellen Medien stehen, die sehen, wie ihr Einfluss dahinschwindet, liegt zwar auf der Hand, wird aber kaum gesehen.
Was ebenfalls kaum gesehen wird: Wer sich täglich ein paar Stunden vor den Fernsehapparat setzt, oft und im Auto grundsätzlich das Radio einschaltet, hat nicht das Recht, diejenigen zu kritisieren, die sich ausgiebig mit Handy, Tablet und Computer beschäftigen. Was, nebenbei gesagt, auch ein Generationenproblem zu sein scheint.
"Soziale" Medien ist eine der zahlreichen schiefen Übersetzungen aus dem Englischen. "Social" bedeutet hier einfach "gesellschaftlich" - eine treffendere Übersetzung wäre "Gesellschaftsmedien" oder "Mitmachmedien".
Gerade letzteres ist das, was für mich wichtig ist. Wenn ich nach ein paar Jahren Nutzung von neuen Medien ausnahmsweise einmal Nachrichten im Radio höre oder in eine Zeitung schaue, dann fehlt mir die Möglichkeit, in irgendeiner Form zu reagieren. Früher hat man Leserbriefe geschrieben und war dann auf das Wohlwollen der Redaktion angewiesen. Die meisten Leserbriefe sind im Papierkorb gelandet. Radio-Sendungen, bei denen Hörer sich äußern dürfen, sind selten. Und durchgeschaltet wird nur, wer Glück hat und bei einer kurzen Vorprüfung nicht durchfällt. Zu Not wird ihm einfach das Mikrofon abgeschaltet.
Das Mitmachen stellt sich in den neuen Medien völlig anders dar. Ich kann nicht nur kommentieren - und wenn der Kommentar nur ein einem "Like-it" besteht - sondern ich kann auch selbst beitragen. So, wie ich das hier gerade mache.
Nun ist die Ressource "Aufmerksamkeit" aber nicht oder kaum vermehrbar. Oder: Der Kuchen ist nicht groß und der Kampf um ein Stückchen wird umso härter, je mehr bei den Mitmachmedien mitmachen. Je mehr Menschen etwas schreiben oder ein Bild veröffentlichen, desto höher wird die Wahrscheinlichkeit, dass diese Äußerung einfach untergeht. Dann ist die Resonanz so groß wie am heimischen Frühstücks- oder am kaum noch real existierenden Stammtisch: Manche Postings von mir haben sich kaum 10 Leute angesehen.
Ein Weiteres ist bei den neuen Medien wie beim Stammtisch: Alle wollen gerne reden und niemand in Ruhe zuhören. Das birgt unübersehbar die Gefahr, dass sich diejenigen durchsetzen, die sich besonders laut und besonders schrill äußern.
Und weil jeder Aufmerksamkeit haben will, werden die großen Plattformen immer größer. Denn weder kann man - falls nicht eine Agentur für einen postet - auf allen Plattformen präsent sein, noch ist es sinnvoll, nur kleine Plattformen zu "bespielen". Da ist man meist unter Gleichgesinnten. Hat seine Vorteile, klar, aber will man nicht gerade größere Kreise erreichen? Mehr als ein paar Verwandte und Bekannte?
Auf meine Erfahrungen mit den einzelnen Plattformen werde ich in einem zweiten Teil eingehen.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen