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Solche und solche Küsse

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"Unerotische Sexgeschichten" - ich vermute, die Marketing-Abteilung fast aller Verlage hätte diesen Untertitel zurück gewiesen. Dabei trifft er die Sache recht genau: In allen Geschichten, die in diesem Band versammelt sind, geht es um Sex - nicht prickelnd, nicht an- oder aufregend.  Gut, in den 50er Jahren hätte man das Büchlein sicherlich aus einer Bibliothek für höhere Töchter entfernt, aber das ist dann doch schon eine Weile her. Seitdem hat sich manches geändert - aber ob es nun die Schülergruppe ist, der junge Mann im Karneval, der Therapeut, der Religionslehrer, der Redakteur, der Partygänger, der Renter, die junge Frau oder der Arbeit suchende Autor: Allen Protagonisten dieser Geschichten ist gemeinsam, dass sie unverhofft mit einem Thema konfrontiert werden, von dem sie glauben, sie hätten es im Griff: Der Sexualität. Auf die Illustrationen, die der Bloggerkollege  Buchalov  gezeichnet und die mir Jürgen Küster zur Verfügung gestellt hat, wofür ihm auch an

Leben im Hier und Jetzt (Altes Tagebuch 10)

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Im Hier soll der Mensch leben, genau hier drin; und nicht über den Zaun soll er gucken, weil er dann nämlich nach dort guckt - und wo dort ist, kann natürlich nicht hier sein. Ach, das ist alles so natürlich, so logisch. Im Hier soll er leben und im Jetzt, was der Mensch ja sowieso macht, weil ihm gar nicht viel anderes übrig bleibt. Früher ist ja schon früher gewesen und kommt nicht wieder. vielleicht doch, wenn man ganz lange wartet, so einen ganzen Äon lang; dann kommt, so meinen einige, das von früher alles nochmal genau so wieder. Dann ist früher jetzt und der Mensch lebt ganz im Jetzt, das früher ist, was dann aber nichts mehr macht. Dann ist das erlaubt, aber da muss man, wie gesagt, fast bis ewig warten. Und warten ist ja verboten, weil der Mensch ja, wenn er wartet, auf das wartet, was nicht jetzt ist. Das Jetzt ist dann zwar das warten, aber so ist das nicht gemeint, weiß man doch. Seinen Geist auf die Reise schicken, weg von dem Hier und Jetzt, das ist das Verbotene

Das Radio plärrt (altes Tagebuch 9)

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Das Radio ist am Musikmachen. Die Popmusiksendermusik ist ziemlich unerträglich. Das Radio liebt den Einsamen. Könnte man denken, aber das Radio liebt gar keinen und nichts. Das Radio plärrt auch, wenn ihm keiner zuhört oder wenn es mit Fußtritten behandelt wird. Der Einsame liebt das Radio. Oder auch nicht. Er benutzt es. Es quetscht es für sich aus, damit da was in der Luft ist. Damit da das ist, was da ist, wenn eine Gruppe da ist. Aber das weiß ja jeder. Was nicht jeder weiß: Der Klassiksender im Radio ist erträglicher. Der Klassiksender tönt nicht so aufgeregt. Dann aber doch. Er tönt auch nicht immer wohl. Da sind die Klassiksendermacher zu fein für. Sie lieben die Musik, die der Normalklassiksenderhörer noch nie gehört hat. Damit der dumme Hörer was dazulernt. Gelernt muss werden. Kultur ist lernen. Das weiß auch jeder. Im Auto tönt das Radio besonders oft. Nicht besonders gut, aber besonders oft. Weil wenn man fährt, kann man nicht fernsehen. Nur in die Ferne

Liebesleid (altes Tagebuch 8)

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"Egal wo Du dich versteckst, ich finde Dich" - eine Zeile aus einem Liebeslied Liebe? Klingt eher nach Leiden. .

Aufstieg, Niedergang (altes Tagebuch 7)

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Schon wieder ist eine neue Treppenstufe erreicht. Rauf? Runter? Avantgarden aller Art schreiten vorwärts. Das ist fein, aber wer die Treppe heruntergeht, geht auch vorwärts. Der Fehler der Reaktionären ist, dass sie davon träumen, man könnte rückwärts gehend die höheren Stufen wieder erreichen. Positiv daran ist, dass sie sich überhaupt ein Gespür dafür bewahrt haben, dass es neben einem Vorwärts auch ein Abwärts und ein Aufwärts gibt. Wie lange hat wohl die Spätantike ihr Vorschreiten noch als eine Höherentwicklung gesehen? Kommt nicht irgendwann der Punkt, an dem die Realität so deutlich spricht, dass es nichts mehr hilft, sich Augen und Ohren zu verstopfen?

Heruntergeleierte Gebete (Tagebuch 6)

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Das Suchen nach Worten schaltet den Verstand ein und die Verbindung nach "oben" ab. Deshalb vertrauen verschiedene Religionen auswendig gelernten Standard-Gebeten. Die rasseln nur ihre "Gegrüßet seist Du, Maria" herunter, heißt es dann. Nur? Müssen nicht die Worte in den Hintergrund treten können, ihre Schwere verlieren und dahinschweben?

Das Eigentliche (Tagebuch 5)

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07. Juni Das Eigentliche ist unsichtbar, das er jedenfalls so gesagt, dieser St. Exupéry, der dann abgestürzt ist mit seinem Flugzeugs. Aber das sichtbare ist doch das eigentliche. Wer das Eigentliche im Unsichtbaren sucht, sucht es immer gerade woanders. Nicht hier, nicht jetzt. Woanders. Hier aber ist das Eigentliche. Im Unsichtbaren lauert vieles, auch die Leere, auch der Tod. Das eigentliche ist im vollen Leben oder es ist gar nicht. Dann gäbe es kein Eigentliches und zu suchen gäbe es auch nichts. Dies und mehr lässt sich, wenn man nur lange genug gesucht hat im Anderen, finden - und zwar im Sichtbaren, Fühlbaren, Spürbaren.